Pausen sind gesund – auch lange Essenspausen

Habt ihr, liebe Leser, euch schon einmal gefragt, ob es wirklich nötig ist, drei oder sogar fünf Mahlzeiten täglich mit insgesamt 1500 bis 3000 Kalorien (je nach Geschlecht, Alter, Körpergrösse und Aktivität) zu essen? Können wir unseren Körper nur so optimal mit allen Nährstoffen versorgen? Nein! Um uns mit ausreichend Vitaminen, Mineralstoffen, Antioxidantien usw. zu versorgen, ist nicht entscheidend wie viel wir essen, sondern was wir essen. Wenn wir uns vorwiegend von sehr gesunden Nahrungsmitteln wie Früchten, Wildkräutern, Salaten, Gemüse, Pseudogetreide, Kartoffeln und Superfoods ernähren, dazu vor allem Wasser und Tee trinken und die ganzen säurebasierten Suchtmittel wie Zigaretten, Alkohol, Industriezucker, Glutenhaltiges und allgemein stark verarbeitete Lebensmittel weglassen, können wir uns mit ein bis zwei Mahlzeiten täglich optimal versorgen.

Lernen was echter Hunger ist

Eigentlich ist es ein Privileg, dass wir in der westlichen Welt täglich eine fast unendliche Menge und Auswahl an Nahrungsmitteln zur Verfügung haben. Doch in den letzten gut sechzig Jahren – in der so genannten Nachkriegszeit – ist diese Fülle auch zum Kreuz unserer Gesellschaft geworden. Wir haben die Möglichkeit ständig zu essen und tun es auch. Viele verarbeitete Lebensmittel sind hochkalorisch und – wenn überhaupt – nur für Holzfäller und andere körperliche Schwerstarbeiter geeignet. Doch sie werden auch von Menschen konsumiert, die ihr Leben vorwiegend sitzend, tagsüber an Büroarbeitsplätzen und abends auf der Couch, verbringen. Wir essen grundsätzlich zu viel, zu süss, zu fett und zu stark verarbeitet. Und wir haben verlernt, was echter Hunger ist. Das was wir als Hunger empfinden, ist meist nur eine Essenslust die mit Emotionen verbunden ist.

Wir gehen durch die Strassen der Stadt und riechen aus Bäckereien und Imbissbuden die verlockenden und altvertrauten Gerüche, die uns oft an unsere Kindheit, bestimmte Erlebnisse und Personen erinnern.
Und – wir bekommen das typische Hungergefühl.

Wir haben ein Problem gelöst oder eine Arbeit erledigt und empfinden – oft unbewusst – das Bedürfnis uns zu belohnen.
Und – wir bekommen das typische Hungergefühl.

Wir sind traurig, wütend oder frustriert und möchten uns – wiederum unbewusst – betäuben.
Und – wir bekommen das typische Hungergefühl.

Wir haben etwas Tolles erlebt, sind glücklich und wollen uns und das Leben feiern.
Und auch das tun wir nur zu oft mit Essen ohne wirklich Hunger zu haben.

Die meisten von uns können gar nicht mehr zwischen Hungergefühl und echtem Hunger unterscheiden. Richtigen Hunger verspüren sowieso nur die wenigsten regelmässig, denn wir essen beim kleinsten Hungergefühl und verhindern so, dass sich richtiger Hunger einstellen kann.

Uns und unserem Körper tun nicht nur Ruhepausen gut, sondern auch lange Essenspausen.

Uns und unserem Körper tun nicht nur Ruhepausen gut, sondern auch lange Essenspausen.

Ich habe mich vor etwa einem Jahr zum ersten Mal intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt und habe mir eine einfache Technik angeeignet um herauszufinden ob ich wirklich Hunger habe. Wenn ich ein Hungergefühl verspüre, trinke ich ein grosses Glas Wasser. Meistens verschwindet es dann nochmals für mindestens eine Stunde. Kommt es – meistens stärker als zuvor – zurück, sage ich mir: «Wenn du wirklich echten Hunger hast, darfst du eine Essiggurke, eine kleine Karotte oder eine ungesalzene und ungesüsste Vollkornreiswaffel essen.» Wenn ich dann denke, nö, darauf habe ich keine Lust, ich möchte ein Brötchen oder Schokolade oder eine Banane, dann weiss ich, dass es noch kein echter Hunger ist, sondern nur das Hungergefühl. Wenn ich jedoch förmlich nach der Essiggurke, der Möhre und der Reiswaffel giere und sie als besten Snack aller Zeiten empfinde, weiss ich, dass ich wirklich Hunger habe und es Zeit für eine Mahlzeit ist.

Intermittierendes Fasten heisst die Zauberformel

Nachdem ich wieder gelernt hatte, echten Hunger zu erkennen, habe ich als ersten Schritt in die richtige Richtung damit angefangen, nicht mehr nach gesellschaftlichen Normen und Gewohnheiten – also zu bestimmten Zeiten – zu essen, sondern dann wenn ich Hunger habe. Da ich von klein auf morgens nie richtigen Hunger hatte, sondern nur Durst – darüber später mehr – hat es sich schnell eingespielt, dass ich selten vor elf Uhr etwas gegessen habe. Da ich dann jeweils nur eine Frucht gegessen oder einen kleinen grünen Smoothie getrunken habe, habe ich gegen 14 Uhr wieder Hunger bekommen und dann ein Mittagessen gemacht. Und abends gab es dann so um 20 Uhr das Abendessen. Somit habe ich immer noch drei Mahlzeiten gegessen – wohl aus Gewohnheit – und hatte nachmittags ab und zu Leistungseinbrüche. Zwar keine richtigen Mittagstiefs, da ich tagsüber vorwiegend roh esse (angelehnt an Rawtill4) und der Körper keine Verdauungsschwerstarbeit leisten musste, aber die Leistungs- und Konzentrationskurve war nicht konstant hoch. Dann habe ich das Buch Ein leerer Magen macht gesund von Yoshinori Nagumo entdeckt und hatte ein ziemlich grosses Aha-Erlebnis. Intermittierendes Fasten erwies sich für mich als eine Art Zauberformel. Zwar beschreibt Nagumo in seinem Buch eine eher extreme Form des intermittierenden Fastens, nämlich nur eine Mahlzeit täglich, allerdings schreibt er auch aus seiner Situation als Mann und somit vor allem für Männer. Er erwähnt an einigen Stellen, dass die ernährungstechnischen Bedürfnisse von Frauen etwas anders sind. Vermutlich werde ich demnächst noch ein Buch-Review dazu schreiben. Jedenfalls hat «Ein leerer Magen macht gesund» mich dazu gebracht, mich intensiver mit intermittierendem Fasten zu beschäftigen.

Kein eigentliches Fasten, sondern ein Essrhythmus

Intermittierendes Fasten ist kein Fasten im Sinne eines Nahrungsverzichts und auch keine Diät mit Ernährungsplänen und Kalorienzählen. Es geht nur darum, dass man innerhalb der 24 Stunden jeden Tages, während einer möglichst grossen Zeitspanne nichts isst und seinen täglichen Kalorienbedarf während eines höchstens achtstündigen Zeitfensters zu sich nimmt. Je länger die Fastenpause und je kleiner das Zeitfenster in dem man isst, desto grösser der Nutzen. Yoshinori Nagumo plädiert für 23 Stunden Fasten und nur während einer Stunde täglich – nämlich abends vor dem Zubettgehen – zu essen. Die meisten anderen Informationsquellen zum Thema empfehlen entweder das Frühstück oder das Abendessen auszulassen und zweimal täglich zu essen. Da ich schon als Kind am Morgen keinen richtigen Hunger hatte und sowieso kein Morgenmensch sondern eine Nachteule bin, lasse ich das Frühstück weg. Und mittags esse ich so lange wie möglich nichts, um die Fastenzeit zu verlängern und das Zeitfenster des Essens möglichst klein zu halten. Seit ich das praktiziere, bin ich den ganzen Tag über sehr klar im Kopf, kann schnell und überlegt Entscheidungen treffen, fühle mich körperlich fitter und habe bis spätabends keine Leistungseinbrüche mehr.

Man kann sich problemlos daran gewöhnen, nur eine grosse Mahlzeit täglich zu essen. Ich empfehle mittags leichte Rohkost und abends ein grösseres Menu.

Man kann sich problemlos daran gewöhnen, nur eine grosse Mahlzeit täglich zu essen. Ich empfehle mittags leichte Rohkost und abends ein grösseres Menu.

Wenn ich meinen Tag total selbst einteilen kann und keine Termine habe, sieht mein Essverhalten so aus:

  • vormittags nur klares Wasser, Wasser mit Zitronensaft, Apfelessigwasser oder Kräutertees
  • zwischen 14 und 15 Uhr etwa 7 dl grünen Smoothie, oft mit Toppings als Smoothie-Bowl
  • danach 4 dl Matcha-Latte, meistens angereichert mit Superfoods wie Maca, Astragalus usw.
  • zwischen 20 und 21 Uhr ein ausgiebiges Abendessen, oft bestehend aus einem Teil Rohkost und einem Teil Kochkost

Wenn ich jedoch auf Reisen bin oder Verabredungen zum Essen habe mache ich auch Ausnahmen. Denn wenn ich zum Beispiel vormittags im Zug sitze und rundherum alle ihre Croissants und Sandwiches essen, fällte es mir schwer, die altvertraute Esslust zu verdrängen und ich trinke lieber schon morgens meinen grünen Smoothie als in emotionalen Heisshunger zu verfallen. Wenn ich in einem Hotel Lust habe, das Frühstücksbuffet zu testen, tue ich auch das und verzichte dann einfach aufs Mittagessen. Wenn ich ein Mittagsmeeting habe und das Restaurant nicht selber bestimmen kann und somit vielleicht mit einem schlechten rohveganen Angebot konfrontiert werde, esse ich auch mal mittags etwas Gekochtes und halt schon um zwölf Uhr statt erst um 14 oder 15 Uhr.

Wie bei allen Ernährungsformen finde ich es wichtig, dass man, das für sich beste auswählt, dieses längerfristig ausprobiert und wenn es einem gut tut auch dabei bleibt. Man sollte aber nicht dogmatisch werden und sein Essenskonzept auf Biegen und Brechen immer und überall durchziehen. Wenn man sich auch mal Ausnahmen erlaubt, ist das Leben – vor allem das gesellschaftliche – schlicht einfacher und lustvoller. Die Ausnahmen sollten aber nicht Überhand nehmen, sondern nur die Regel bestätigen.

Nächste Woche erzähle ich euch im zweiten Teilbeitrag über intermittierendes Fasten wie diese Ernährungsform funktioniert und was sie auf physischer und psychischer Ebene in uns bewirkt.

Zwei interessante Bücher zum Thema:
«Ein leerer Magen macht gesund» von Yoshinori Nagumo

«Wir fressen uns zu Tode» von Galina Schatalowa

 

 

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