Wildkräuterliebhaberin Andrea Stadler im Interview

Wildpflanzen sammeln gehört für mich seit drei Jahren von Frühling bis Herbst zum Alltag. Ich bezeichne mich allerdings noch immer als Anfängerin, da ich mich auf rund 20 Arten beschränke, die ich mit absoluter Sicherheit bestimmen kann. Ganz anders Wildkräuterspezialistin Andrea Stadler. Sie hat bereits vor acht Jahren angefangen, sich mit dem Thema auseinander zu setzen und hat inzwischen ein grosses Know-how. Von 2009 bis 2012 hat sie auch professionell Wildkräuterwanderungen und Wildkräuterkochkurse angeboten. Aktuell widmet sie ihre ganze Aufmerksamkeit einem neuen Ernährungs-Projekt, welches noch nicht ganz spruchreif ist. Es kann aber durchaus sein, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt auch wieder Wildpflanzenkurse anbietet. Auch wenn Andrea Stadler sich zur Zeit nur privat mit den Wildkräutern beschäftigt, ist sie bereit, uns einen Einblick zu gewähren, wie sich ihre Leidenschaft für Wildpflanzen entwickelt hat, was man beim Bestimmen und Sammeln beachten muss und wie die natürliche Nahrung das Leben verändern und das Wohlbefinden erhöhen kann.

Für Wildpflanzenliebhaberin Andrea Stadler gehören selber gesammelte Kräuter zur täglichen Ernährung. – Fotos: zvg

Für Wildpflanzenliebhaberin Andrea Stadler gehören selber gesammelte Kräuter zur täglichen Nahrung. – Fotos: zvg

Nachgefragt bei Wildkräuterliebhaberin Andrea Stadler

Liebe Andrea, erstmal herzlichen Dank, dass du dich für dieses Interview bereit erklärt hast. Magst du den Lesern in einigen Sätzen erklären, wie und wieso du zum Wildpflanzen sammeln und essen gekommen bist und wie du gelernt hast, die Pflanzen zu bestimmen?

Andrea Stadler: Ich bin Anfang 2008 durch die Lektüre des Buches «Der grosse Gesundheits Konz» von Franz Konz auf die essbaren Wildpflanzen gestossen. Franz Konz gilt als Begründer der so genannten Urkost. Ich fand seine Idee der natürlichen Ernährung – inklusive Wildpflanzen – interessant und mit dem Buch «Essbare Wildpflanzen 200 Arten bestimmen und verwenden» zog ich los in den Wald und auf unbewirtschaftete Wiesen und habe in kurzer Zeit viele Wildpflanzen gefunden und als Teil der täglichen Nahrung schätzen gelernt. Es fühlte sich an, als sei ein altes Wissen in mir wieder erwacht, das immer schon da gewesen ist und nur darauf wartete wieder entdeckt zu werden.

Hat sich durch das Wildkräuter sammeln etwas in deinem Leben verändert? Bekamst du einen anderen Zugang zur Natur und ein neues Bewusstsein für die Umwelt? Und hat sich gesundheitlich etwas verändert?

In mir entstand eine grosse Dankbarkeit an die Schöpfung, die uns mit allem versorgt was wir zum Leben und zum Glücklichsein brauchen. Viele Ernteplätze im Wald betrete ich voller Respekt, immer im Bewusstsein, dass die essbaren Wildpflanzen zum natürlichsten gehören was wir überhaupt essen können und die Natur gibt sie uns kostenlos und bedingungslos. Die grünen Pflanzen sind voll mit Chlorophyll, Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen. Gesundheitlich hat sich schon bevor ich angefangen habe Wildpflanzen zu sammeln, vieles zum Positiven geändert. Nämlich als ich 2001 – nach einer schweren Krankheit – meine Gesundheit in meine eigenen Hände genommen habe. Seither fühle ich mich bestens – körperlich, geistig und seelisch. Die essbaren Wildpflanzen waren dann zusätzlich eine gute Entscheidung um Körper, Geist und Seele langfristig sinnvoll zu nähren.

Verantwortungsbewusste WildkräutersammlerInnen pflücken achtsam.

Verantwortungsbewusste WildkräutersammlerInnen pflücken achtsam.

Achtsamkeit ist beim Sammeln wichtig

Hattest du anfangs Angst, giftige Pflanzen zu erwischen oder wie bist du vorgegangen, um diese Angst zu besiegen oder zu umgehen?

Nein, ich hatte nie Angst mich zu vergiften. Ich habe einfach nur die Pflanzen gesammelt und gegessen, die ich mit meinem bereits genannten Bestimmungsbuch auch wirklich erkannte und bestimmen konnte.

Hast du Lieblingskräuter die du in grösseren Mengen sammelst und verzehrst und wenn ja, wieso gerade diese?

Giersch und Vogelmiere sind meine Favoriten. Geschmacklich und weil sie meistens in grosser Anzahl wachsen. Ich «grase» nie einen Platz ab, wo es von den einzelnen Pflanzen nur wenige hat. Gerade auch Blüten nehme ich nur, wenn sie in grosser Anzahl zur Verfügung stehen. Ansonsten lasse ich sie stehen und geniesse sie lieber mit den Augen. Wichtig ist auch immer darauf zu achten, dass die Wurzeln der Pflanzen nicht ausgerissen werden und unbeschädigt im Boden bleiben. Achtsamkeit ist beim Pflücken von Wildpflanzen wichtig.

Gibt es hier in der Schweiz eigentlich gesetzliche Vorschriften zum Sammeln von Wildkräutern oder kann sich jedermann immer und überall in der Natur bedienen?

Für die gängigen und in grosser Zahl vorhandenen essbaren Wildpflanzen sind mir keine Vorschriften bekannt. Aber geschützte gefährdete Arten darf man natürlich nicht pflücken. Ebenso sind Naturschutzgebiete tabu.

Gut gekaut, ist mehr als halb verdaut

Ich selber bin – dank dir – während meiner ersten Krankheitsphase (meine Geschichte könnt ihr hier nachlesen) dazu gekommen, den Rohkostanteil in meiner Ernährung zu erhöhen und Wildkräuter mit einzubauen. Allerdings konnte mein – wohl zu diesem Zeitpunkt ziemlich geschädigter Darm bzw. Darmflora – die Rohkost und die Wildpflanzen schlecht verdauen und verwerten, was dazu geführt hat, dass ich oft Durchfall hatte und viel Gewicht verlor. Ich musste zuerst einige Baustellen aufräumen, bevor ich von den Wildkräutern wirklich profitieren konnte. Zudem ist bei einer Ernährungsumstellung auch der Entgiftungsprozess nicht ohne, selbst wenn man als gesund gilt. Darum die Frage, sind Wildkräuter für jede und jeden empfehlenswert und was muss man beachten, wenn man bisher nur wenig rohes gegessen hat und/oder gesundheitlich vorbelastet ist?

Man muss eine Ernährungsumstellung immer mit gesundem Menschenverstand angehen und auf seinen Körper hören. Wenn unangenehme Symptome auftreten, kann es sein, dass man zu schnell zuviel Rohkost und/oder Wildpflanzen in die Ernährung integriert hat. Wenn man die Menge wieder etwas reduziert und dann ganz langsam steigert, sollte der Prozess – bei gesunden Menschen – ohne grössere Probleme vonstatten gehen. Wichtig ist, die Wildpflanzen sehr gut zu kauen. Gut gekaut, ist mehr als halb verdaut.

Anmerkung der Redaktion: Hilfreich ist, das ungewohnte Grün am Anfang in grüne Smoothies zu mixen und diese ganz langsam zu «essen». Richtig gelesen, man sollte auch grüne Smoothies kauen, damit sie optimal verdaut werden und der Körper alle Nährstoffe aufnehmen kann. Wer gesundheitlich vorbelastet ist, sollte sich vor einer Ernährungsumstellung mit hohem Rohkost- und Wildkräuteranteil gut informieren und sich überlegen, ob es sinnvoll wäre, sich von einer Fachperson beraten und begleiten zu lassen.

Aber nun wieder zu dir, Andrea: Selber bietest du aktuell keine Wildpflanzenkurse an. Gibt es eine andere Fachfrau oder einen Fachmann deren Kurse du empfehlen kannst?

Lucijan, Silvia und Claudio von www.lebensklempner.ch kann ich hier in der Schweiz empfehlen.

Andrea_LieblingsessenVerrätst du den Lesern zum Schluss noch dein Lieblings-Wildkräuterrezept?

Gerne. Ich liebe einfache Gerichte ohne viele zusätzliche Gewürze und Dressings. Mein liebstes ist folgendes:

1 Hand voll fein geschnittene Wildpflanzen (je nach Geschmack gemischt oder eine einzelne Sorte)
½ Gurke aus biologischem Anbau, ebenfalls fein geschnitten
2 Bio-Tomaten fein geschnitten
1 Bio-Avocado in kleinen Würfelchen
Alles in eine Schüssel geben und mit den Händen leicht durchkneten und dann geniessen.

Ein grosses Danke, liebe Andrea, dass du uns einen so interessanten Einblick ins Thema Wildpflanzen sammeln gegeben hast und uns so viel Wissenswertes vermittelt hast.

Die erwähnten Bücher könnt ihr hier direkt bestellen:

Essbare Wildpflanzen Ausgabe: 200 Arten bestimmen und verwenden

Der grosse Gesundheits-Konz: UrMedizin. Besiegt Krebs, Rheuma, Fettsucht, Allergie und chronische Leiden …und hält für immer fit, schlank und gesund

4 Kommentare

  1. Ronnie

    Hallo
    Interessiert habe ich den Bericht gelesen. Auch ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit den Wildkräutern. Die Schwierigkeit für mich ist es, unbelastete Böden bzw. Pflanzenplätze zu finden, da praktisch jede Wiese gedüngt wird. Der Wald ist da schon besser, jedoch findet man da nicht alles. Wie gehen Sie da vor? Oder einige Tipps?
    Vielen Dank

    Beste Grüsse

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    1. Barbara Würmli (Beitrag Autor)

      Danke für die Frage. Ich – Barbara Würmli, die Inhaberin und Autorin dieser Webseite – sammle vor allem auf Flächen die der Stadt gehören und von denen ich weiss, dass sie nicht bewirtschaftet werden. Es sind dies vor allem Flächen um städtische Einrichtungen wie Altersheime, Sportplätze usw. oder Naherholungsgebiete. In meiner Kleinstadt ist es so, dass diese Flächen höchstens ein- bis zweimal pro Jahr gemäht werden und sonst nichts gemacht wird. Ich achte einfach darauf, dass ich abseits der Wege und vor allem an Borten sammle, wo nicht so viele Hunde dran gehen. Allerdings machen auch Vögel, Katzen, Marder usw. Pipi. Ich wasche meine Kräuter darum kurz in kaltem Wasser. Grundsätzlich bin ich aber der Meinung, dass ein bisschen Tierpipi weniger schlimm als die Pestizide an konventioneller Ware im Supermarkt ist.

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  2. r.lupa@bluewin.ch

    hallo,ich habe angst wegen dem fuchsbandwurm,da bei uns füchse in der gegend sind

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    1. Barbara Würmli (Beitrag Autor)

      Nun ja, also erstens gibt es sehr wenige Ansteckungen mit dem Fuchsbandwurm. Die Gefahr, dass du an einer Zivilisationskrankheit erkrankst oder einen Verkehrsunfall hast, ist wesentlich grösser. Dies, um das Ganze mal in Relation zu setzen. Und zweitens, wenn du so grosse Angst hast, dann wasche die Kräuter in mildem Essigwasser. Das reinigt sie sehr gründlich und du reduzierst die Gefahr auf ein absolutes Minimum. Ansonsten: Das Leben ist gefährlich. Auch wenn die über die Strasse läufst und gut aufpasst, besteht ein Restrisiko. Hab mehr Vertrauen ins Leben!

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